Kohlekraftwerk in der Türkei für 3,3 Milliarden Mark – STEAG baut Kohlekraftwerk für die Türkei

Die Essener Steag AG, der zweitgrößte Betreiber von Kohlekraftwerken in Deutschland, will in den nächsten drei Jahren im Osten der Türkei, in der Mittelmeer-Hafenstadt Iskenderun, ein Kohlekraftwerk bauen mit einer Kapazität von 1.300 Megawatt Strom. Kosten: 3,3 Milliarden Mark. Davon stammen 825 Millionen aus der eigenen Kasse und 2,5 Milliarden Mark von einem Bankenkonsortium, dem Dresdner Bank und Westdeutsche Landesbank angehören. Wichtige Bauteile werden die Siemens Kraftwerk-Union und Babcock-Borsig in Oberhausen produzieren.

Den Stromabsatz sichert zwanzig Jahre lang ein Vertrag Jahre mit dem staatlichen türkischen Energieversorger TEAS. Die Kraftwerkskohle, jährlich drei Millionen Tonnen, liefern in dieser Zeit die Essener Konzerne RAG und RWE mit Hilfe moderner Frachtschiffen.

ARD-Sammelangebot des Studios Essen am Donnerstag, 25. Mai 2000

Von Lothar Kaiser

Innerhalb des Essener Mutterkonzerns RAG steht sie am Ende der Wertschöpfungskette Kohleförderung, Kohlehandel und Kohleverstromung – die Steag AG, der zweitgrößte Betreiber von Kohlekraftwerken in Deutschland. Er will sich künftig verstärkt im Ausland als unabhängiger Energie-Produzent engagieren. In den USA, in Lateinamerika und im Osten der Türkei. Der Vorstandsvorsitzende Jochen Melchior:

O-Ton: Wir haben keine Wachstumsmöglichkeiten für uns als Großkraftwerksbetreiber in Deutschland mehr gesehen. Der Markt stagniert, der Stromverbrauch wächst nicht.

In der Mittelmeer-Hafenstadt Iskenderun soll ab Juni ein großes Kohlekraftwerk gebaut werden. Kosten: 3,3 Milliarden Mark. Davon stammen 825 Millionen aus der eigenen Kasse und 2,5 Milliarden Mark von einem Bankenkonsortium, dem Dresdner Bank und Westdeutsche Landesbank angehören. Eigenkapital wie Kredite sind abgesichert durch Staatsgarantien der Bundesrepublik Deutschland, Österreichs und Südafrikas ab. Firmen aus diesen drei Ländern liefern wichtige Bauteile für Kraftwerk mit einer Kapazität von 1.300 Megawatt Strom, darunter die Siemens Kraftwerk-Union und Babcock-Borsig in Oberhausen.

O-Ton: Mit dem neuen Kraftwerk wollen wir dann in drei/vier Jahren schon 800 Millionen Umsatz machen. Und ich hoffe, dass wir in diesem Jahr noch mal eine Investitionsentscheidung für ein Kraftwerk in den Vereinigten Staaten bekannt geben können.

Grundlage des Milliarden-Deals ist ein Vertrag mit dem staatlichen türkischen Energieversorger TEAS. Er sichert den Stromabsatz 20 Jahren lang. Die Kraftwerkskohle liefern in dieser Zeit die Essener Konzerne RAG und RWE, jährlich drei Millionen Tonnen, insgesamt also mindestens 60 Millionen.

Die Frachtschiffe für den Kohletransport, 320 Meter lang und bis zu 240.000 Tonnen Kohle fassend, müssen Ende 2003 einsatzbereit sein. Dann soll das Kraftwerk Iskenderun den ersten Strom produzieren.

Betreiben wird das Kraftwerk eine türkische Gesellschaft unter Führung der Steag. Sie hat der RWE angeboten, in das Geschäft mit 25% einzusteigen. Pläne, die Steag in Deutschland enger an die RWE zu binden, sind vom Tisch.

An RWE und VEW lieferten die Steag-Kraftwerke in Deutschland im vorigen Jahr drei Viertel ihrer gesamten Stromproduktion von 26 Milliarden Kilowattstunden. Und bekam über diese Großkunden den harten Preiskampf auf dem Strommarkt zu spüren.

Kostendeckende Strompreise seien in Deutschland heute kaum mehr zu erzielen, sagte der Vorstandsvorsitzende Jochen Melchior auf der Bilanzpressekonferenz in Essen. Die Mitarbeiter in den Kraftwerken werden es merken.

O-Ton: Wir müssen die Mitarbeiter in den Kraftwerken hier an Rhein und Ruhr weiter abbauen. Wir haben aber den Mitarbeitern zugesagt, von betriebsbedingten Kündigungen Abstand zu nehmen. Aber wir haben fest vor, die Kraftwerke langfristig weiter zu betreiben, denn es wird ja auch mal wieder bessere Zeiten geben.

Dass der Konzernumsatz trotz des Preisdrucks beim Strom um 15 Prozent auf 2,8 Milliarden Mark anstieg, verdankt die Steag einem im vorigen Jahr in Kolumbien in Betrieb genommenen Kraftwerk und guten Verkaufsergebnissen bei elektronischen Datenträgern, Halbleitern und Mikrosystemtechnik.

O-Ton: In vier Jahren wollen wir auf 4,2 Milliarden kommen, das heißt im Durchschnitt müssen wir jetzt jedes Jahr 10% wachsen.

Die STEAG-Tochter Hamatech, seit einem Jahr an der Börse gehandelt, stellt heute dank gestiegener Kurse einen Wert von 1,3 Milliarden Mark dar – bei der Börseneinführung waren es gerade mal ein Fünftel davon.

Der Geschäftsbereich Electronic Systems, durch Firmenzukäufe in den USA und in Israel weiter ausgebaut, macht inzwischen fast ein Drittel des Konzernumsatzes aus und soll in den nächsten vier Jahren die Kraftwerktechnik als Hauptgeschäftsfeld des Konzerns ablösen. Von den 4440 Mitarbeitern der STEAG arbeitet bereits heute jeder sechste im Ausland.

O-Ton: 40% unserer Mitarbeiter sind heute in Bereichen tätig, die es vor wenigen Jahren noch gar nicht gab – und das wird weitergehen.

Internet-Zusatzinformationen:

Die Finanzierungs- und Lieferantenverträge wurden am 26.6.2000 in Essen unterzeichnet. Ob die RWE,Stromkunde der STEAG, in das Iskenderun-Geschäft wie angeboten mit 25% einsteigt, war bei der Unterzeichnung der Verträge noch unklar.