„Energiedialog 2000“ macht Fortschritte

Dreißig Männer und Frauen – Gewerkschafter, Unternehmer, Wissenschaftler und Politiker – beteiligen sich am „Energiedialogs 2000“. So nennt sich die Steuerungsgruppe, die Bundeswirtschaftsminister Dr. Werner Müller im Juni vorigen Jahres einberufen hat. Dreimal hat sie inzwischen getagt. Der Minister erhofft sich am Ende des einjährigen Diskussionsprozesses pragmatische Lösungsansätze für eine neue deutsche Energiepolitik, die den Anforderungen des neuen Jahrtausend gerecht wird. Und im Januar 2000 gab es Anzeichen dafür, dass dies gelingt.

Gesendet am Dienstag, 26. Januar 2000, um 17.20 Uhr in „Profit“ auf WDR 5 in einer kürzeren Fassung

Von Lothar Kaiser

Nur wenn Wirtschaft und Gesellschaft die Ziele und Grundlinien der Energiepolitik mittrügen, werde die gestaltungswillige Politik auch tatsächlich gestaltungsfähig. Das gab Bundeswirtschaftsminister Werner Müller den Teilnehmern am „Energiedialog 2000“ im vorigen Jahr mit auf den Weg in ihre Beratungsgespräche. In deren Mittelpunkt steht der Ausbau des Standorts Deutschland als Energieerzeuger und Energieverteiler. Ziel: Die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf dem internationalen Energiemarkt auf lange Sicht. Der Bundeswirtschaftsminister:

O-Ton: Ich denke, dass am Ende ein Energieprogramm stehen wird, energiepolitische Grundsätze in jedem Falle, wie wir mit erneuerbaren Energien umgehen. Aber auch die Zukunft von Braunkohle, Zukunft Steinkohle, wollen wir im Konsens festlegen.

Das Energieland Nr. 1 in Deutschland – Nordrhein-Westfalen – ist beim „Energiedialog 2000“ gebührend vertreten. Etwa durch den früheren Vorstandsvorsitzenden des Essener Energie- und Technologiekonzerns RAG, Professor Gerhard Neipp.

O-Ton: Ich erwarte, dass eine Basis gefunden wird für die Energiepolitik der nächsten 20 oder 50 Jahre. Denn Energiepolitik ist ein langfristiges Geschäft. Da kann man nicht in Legislaturperioden denken, sondern man muss wirklich 40/50 Jahre anpeilen, um die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen. Dass sich Neipp in Bonn für die Sache der deutschen Steinkohle stark machen wird, steht für den stellvertretenden RAG-Vorstandsvorsitzenden Wilhelm Beermann außer Zweifel:

O-Ton: Wir versprechen uns, dass es gelingt, auch unsere Interessenslage, nämlich der Deutschen Steinkohle wie der Deutschen Braunkohle in einem vernünftigen Energiemix einen nachhaltigen Platz zu geben. Auch der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie – Hubertus Schmoldt – nimmt am „Energiedialog 2000“ teil . Und auch er setzt auf einen Energiemix.

O-TON: Das heißt, wir brauchen den Beitrag der heimischen Energieträger Braunkohle und Steinkohle. Wir brauchen mit Sicherheit noch auf eine längere Zeit die Kernenergie als Bestandteil der Stromversorgung, und natürlich müssen auch die regenerativen Energien ihre Chance bekommen. Das wäre meine Vorstellung auch an der Zukunftssicherung des Industrie-Standortes Deutschland. Eine Vorstellung, die staatliche Kohlesubventionen einschließt. Auch in Zukunft.

O-TON: Einfach, weil ein Industrie-Standort sich nicht nur von Importenergien abhängig machen darf. Und wenn es einen politischen Beschluss gibt, aus der Kernenergie auszusteigen, dann muss man natürlich auch mit den heimischen Energieträgern überlegen, wie man bestimmte Lücken füllen kann.

Bis zum Jahre 2005 sind die Kohlesubventionen gesichert. Was danach kommt, soll im „Energiedialog 2000“ erarbeitet werden. Das Ziel hat Bundeswirtschaftsminister Müller bereits abgesteckt:

O-Ton: Wir müssen langfristig zu subventionsfreien Strukturen kommen. Ich möchte nicht, dass wir neue Dauersubventionstatbestände einführen. Kohle-Subventionen bis 2005 – wir werden sie einhalten. Nach 2005 muss man weiter sehen.

Mittelfristig ist ein subventionsfreier deutscher Steinkohlebergbau aber nicht zu erwarten. Das versprach jedenfalls Bundeskanzler Gerhard Schröder vor wenigen Tagen bei einem Besuch des RAG-Konzerns in Essen. Zur Erleichterung der zahlreich versammelten Energiemanager:

O-TON: Wir sind doch wohl gemeinsam der Überzeugung, dass wir auch nach 2005 noch einen Kern, einen wichtigen Kern von Steinkohlebergbau im Revier brauchen und bewahren wollen, ist doch ganz wichtige Energiepolitik. Vielleicht kriegen wir das ja zusammen hin, sollten wir versuchen.

Der Bundeskanzler ist zuversichtlich, dass der von seinem Wirtschaftsminister initiierte Energiedialog zu guten Ergebnissen führen wird:

O-TON: Ich denke, wir haben eine gute Chance, in Deutschland eine Energiepolitik von hoher Rationalität zu machen. Eine, die den betriebs- und volkswirtschaftlichen Gegebenheiten entspricht, weil wir natürlich wissen, dass wettbewerbsfähige Versorgung der deutschen Industrie, aber auch der privaten Haushalte mit verfügbarer allseits und sicher verfügbarer Energie ein ganz wichtiger Teil von Wirtschaftspolitik überhaupt ist.