Anmerkungen zur Kommunalwahl

Die Kommunalwahl ist gelaufen, die Arbeit beginnt. In vielen Städten und Kreisen in Nordrhein-Westfalen kamen am 24. September 1999 Stadträte und Kreistage zu konstituierenden Sitzungen zusammen. So auch im Ruhrgebiet, das jahrzehntelang fest in SPD-Hand war. Jetzt gibt es Lücken im roten Netzwerk. Etwa in Mülheim, Gelsenkirchen und Essen, wo die CDU den Oberbürgermeister stellt. Das Kräfteverhältnis in den Kommunalparlamenten ist dagegen vielfach noch unklar. Da ist die CDU auf Koalitionspartner angewiesen, wenn sie regieren will.

Gesendet am Freitag, 1. Oktober 1999, in „Zwischen Rhein und Weser“ auf WDR 2

Von Lothar Kaiser

Im Gelsenkirchener Rathaus regierte die SPD 53 Jahre lang. 43 Jahre waren es in Essen. Und dann das Wahldebakel vom 12. September. Enorme Stimmengewinne bei der CDU – in Essen zum Beispiel von 15 Prozent – sorgten bei den Sozialdemokraten für tiefe Depression und bei den Christdemokraten für Hochstimmung. „Wahnsinn, überwältigend, nicht zu fassen“, war am Wahlabend etwa in Gelsenkirchen zu hören. Jetzt habe die SPD die Quittung bekommen für Affären, Patronage und Filz.

Nun gut, das war die Siegesstimmung am Wahlabend. Jetzt beginnt die Arbeit in den Kommunalparlamenten. Da ist dann eher Besonnenheit gefragt. Zumal die CDU nicht überall wirklich darauf vorbereitet zu sein scheint, die Macht in den Rathäusern zu übernehmen. Sie hatte die Oppositionsrolle in vielen Jahrzehnten geradezu verinnerlicht.

Nun also muss die CDU zeigen, was sie kann. Gemeinsam mit kleineren Parteien und Bürgerlisten. Denn zur absoluten Mehrheit, zur Alleinherrschaft, hat es nicht gereicht. Das zwingt zu Kompromissen und verhindert Alleingänge, verhindert, dass man in die gerade noch beargwöhnten Fußstapfen der Sozialdemokraten tritt, was im Hochgefühl der neuen Macht sonst allzu leicht der Fall sein könnte.

Dass für die CDU eher die FDP und freie Wählergemeinschaften als Koalitionspartner in Frage kommen – das wird sich heute bei den konstituierenden Sitzungen der Stadtparlamente zeigen – liegt auf der Hand. Aber die SPD gleich völlig außen vor lassen, von allen politischen Weichenstellungen ausklammern, wie mancherorten bereits großmundig angekündigt wurde? Gegen diese Verlockung spricht die Vernunft. Schließlich war die CDU mit dem Wahlversprechen angetreten, es nicht nur anders, sondern auch besser zu machen als die SPD. Nicht zum Wohle der eigenen Partei, sondern zum Wohle der Stadt.

Gerade deshalb wäre die CDU auch gut beraten, wenn sie die Dezernenten und Abteilungsleiter in den Stadtverwaltungen nicht nach ihrem Parteibuch abklopfen, sondern nach ihrem Sachverstand beurteilen würde. Denn auf Expertenrat wird sie im kommunalpolitischen Alltag angewiesen sein.