Landesregierung steht zur Steinkohle

Ein klares Bekenntnis zur weiteren Subventionierung der deutschen Steinkohle hat der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Peer Steinbrück am 24. September 1999 in Essen abgelegt. Anläßlich der Einweihung der neuen Zentrale der Ruhrkohle AG (RAG), unter deren Dach sich sämtliche Steinkohlezechen in Deutschland befinden, trat der Minister Gerüchten der vergangenen Tage entgegen, der RAG-Konzern solle zerschlagen werden.

Gesendet am Donnerstag, 8. Juli 1999, in „Westblick“ auf WDR 5

Von Lothar Kaiser

O-Ton: Wer ein Haus baut, der bleibt. Ich bin sicher, daß die RAG Aktiengesellschaft auf lange Sicht eines der wichtigsten Unternehmen in Nordrhein-Westfalen bleiben wird und für den erfolgreichen Umbau auch unseres Landes stehen wird.

So Wirtschaftsminister Peer Steinbrück vor etwa drei Stunden in Essen. Wie kein anderes Unternehmen dieser Größenordnung – mit mehr als 104.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von fast 28 Milliarden Mark zählt die RAG zu den dreißig größten Konzernen in Deutschland – sei die RAG im Ruhrgebiet und in Nordrhein-Westfalen verwurzelt, sagte der Minister.

O-Ton: Wir in Nordrhein-Westfalen wollen auch in Zukunft die Vorteile nutzen, die der RAG-Konzern so, wie er sich in den letzten Jahren erfolgreich entwickelt hat, den Beschäftigten, den Kohleregionen und der Energie-Politik insgesamt in Nordrhein-Westfalen bietet. Wir brauchen einen modernen und umweltgerechten Energie-Mix unter Einschluß der heimischen Steinkohle, einen leistungs- und lebensfähigen Bergbau und Bergwerke, die nach wie vor Maßstäbe in der Bergbautechnik setzen; insbesondere, wenn wir das Exportpotential im Bereich der Bergwerkstechnik wirklich ausnutzen wollen.

Auch über das Jahr 2005 hinaus müßten Bund und Land die deutsche Steinkohle durch Subventionen marktfähig halten. Diese Botschaft der Landesregierung wurde in Essen mit Beifall aufgenommen. Es sei gut zu wissen, daß auf die Kohlepolitik des Landes Verlaß sei, betonte der RAG Vorstandsvorsitzende Prof. Gerhard Neipp.

O-Ton: Es hat viele Verunsicherungen gegeben hier im Hause – logischerweise -, wenn es Presseveröffent-lichungen gibt, die von Zerschlagung sprechen und solche Dinge. Ich bin von Herzen dankbar, daß Sie mit diesen Spekulationen aufgeräumt haben. Wir vertrauen dabei auch darauf, daß einfach das, was wir im Kohlevertrag vor zwei Jahren festgeschrieben haben, auch hält.

Im Rahmen der Kohlevereinbarung von 1997 hatten Bund, Länder, Unternehmen und Gewerkschaft Zechenstillegungen vereinbart und damit einen deutlichen Personalabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen. Im Jahre 2005 soll es an Saar und Ruhr insgesamt nur noch 36.000 Bergleute in Steinkohlezechen geben. Zum Vergleich: Ende 1997 zählte der deutsche Steinkohlebergbau noch rund 85.000 Beschäftigte

Und was passiert genau, wenn diese Kohlevereinbarung in fünf Jahren ausläuft? Minister Steinbrück dazu heute in Essen:

O-Ton: Es wäre falsch, es wäre struktur-, energie- und sozialpolitisch nicht zu verantworten, den Deutschen Steinkohlenbergbau aufzugeben. Die Politik muß die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen dafür schaffen, daß der Steinkohlenbergbau eine verläßlich Perspektive behält. Ebenso müssen wir uns rechtzeitig über eine Anschlußregelung zur bestehenden kohlepolitischen Vereinbarung vom Frühjahr 1997 für die Zeit nach 2005 verständigen.

Anlaß zu diesem deutlichen Schulterschluß zwischen der RAG und der Landespolitik bot heute die Einweihung der neuen Konzernzentrale nahe dem Essener Hauptbahnhof, den sich die RAG 250.Millionen Mark kosten läßt. Errichtet wurde er von der Hochtief AG. Zur symbolische Schlüssel-übergabe gehörten traditionsgemäß auch Bergmannskapelle und Kinderchor.

Internet-Zusatzinformationen:

Die RAG ist Mieter im eigenen Haus: Eigens für diesen 250 Millionenc Mark teuren Gebäudekomplex auf dem Gelände der früheren Stern-Brauerei gründeten der Bauherr, die RAG, VEBA und Brune Imobilien eine Gesellschaft, die „Rellinghaus Ruhr Business Park GmbH“. RAG und VEBA sind daran zu je 40 Prozent beteiligt, die Brune Immobilien zu 20 Prozent. Gebaut wurde die neue Konzernzentrale von der Hochtief AG, an der die RWE die Aktienmehrheit halten. Im „Rellinghaus“ arbeiten 1250 RAG-Mitarbeiter auf 51.000 Quadratmetern Bürofläche. Auch der Gesamtverband Deutsche Steinkohle hat hier seinen Sitz. Bei Ausschachtungsarbeiten waren die Bauarbeiter auf ein Kohleflöz gestoßen – in der Essener Innenstadt keine Seltenheit.