Studie „Sauer“-Land

Bei seinem jüngsten Besuch in Hagen erhielt der nordrhein-westfälische Umweltminister Klaus Matthiesen von Mitgliedern der Kreisgruppe Hagen im Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e.V. eine neunzig Seiten umfassende Untersuchung überreicht, die es verdient hätte, im Ministerium nicht“ in irgendeiner Schublade zu verschwinden. „Sauer“-Land, so der Titel dieser Untersuchung – wobei der Bindestrich schon auf „sauren Regen“ und Waldsterben hinweist -, befasst sich mit der Belastung des Sauerlandes durch Luftschadstoffe.

Veröffentlicht 1986, Basismaterial für Hörfunk

Von Lothar Kaiser

Und Antonius Warmeling, Chemie-Lehrer am Fichte-Gymnasium in Hagen und stellvertretender Vorsitzender der dortigen BUND-Kreisgruppe, begnügt sich in dieser Arbeit nicht mit einer Situationsbeschreibung, sondern zeigt auch Möglichkeiten und Kosten von emissionsmindernden Maßnahmen auf.

Anderthalb Jahre, gut eintausend Stunden sichtete, analysierte und verglich der Hagener Chemie-Lehrer und engagierte Umweltschützer Antonius Warmeling in seiner Freizeit amtliche Statistiken und Untersuchungsberichte über Luftverschmutzung, Waldschäden und technische Möglichkeiten, die Schadstoffe dort, wo sie entstehen, erst gar nicht in die Atmosphäre gelangen zu lassen. Gemeint sind hier in erster Linie Schwe feldioxyd und Stickoxyde, die, darin sind sich die Wissenschaftler inzwischen einig, unseren Wäldern als sogenannter „saurer Regen“ das Leben schwer machen. Verursacher dieser Schadstoffe sind in erster Linie die großen Kraftwerke. Ihnen hat Antonius Warmeling in seiner „Sauer-Land“-Studie deshalb besonders Aufmerksamkeit gewidmet.

Das Sauerland, 6000 Quadratkilometer groß,1,5 Millionen Menschen leben hier, jeder dritte Baum Nordrhein-Westfalens steht in dieser Region, das Sauerland bekommt viel vom dem ab, was ganz woanders aus hohen Schornsteinen in die Luft geblasen wird.

Als Umweltschützer 1972, also vor 14 Jahren, in bayrischen Wäldern Schilder aufstellten mit der Aufschrift „Hier stirbt der Wald“, wurden sie vielfach als Panikmacher beschimpft, wurden ihre Warnungen in den Wind geschlagen. Längst hat das Waldsterben – auch im Sauerland – Ausmaße angenommen, die eine Verharmlosung dieses Problems nicht mehr zulassen. Es geht um eine sauberere Luft, es geht ganz konkret um Rauchgasreinigungsanlagen für die großen Kraftwerke, wobei, so Antonius Warmeling in seiner Untersuchung, die großen Luftverschmutzer früher entschwefelt und entstickt werden müssten als die kleineren. Und dabei dürfe man vor Milliarden-Investitionen nicht zurückschrecken. Denn ohne eine Verringerung der Luftschadstoffe aus Kraftwerken, Kokereien, Raffinerien, Kraftfahrzeugen, Hausfeuerungsanlagen und anderen Schadensquellen würden der Volkswirtschaft in der Bundesrepublik zwischen 1985 und 1992 ein Schaden von 60 Milliarden Mark entstehen. Die bisher von Bund und Land eingeleiteten Maßnahmen hält Antonius Warmeling demgegenüber für viel zu gering.

Nicht nur Forderungen stellen, sondern aufzeigen, wie es anders, wie es besser gemacht werden kann! Das war eine Überlegung, die den 35 Jahre alten Chemie-Lehrer aus Hagen vor anderthalb Jahren veranlaßte,d as Thema Luftverschmutzung und Waldsterben am Beispiel des Sauerlandes mit wissenschaftlicher Akribie anzugehen. Bleibt zu hoffen, dass die „Sauer-Land“ auch dort gelesen wird, wo die wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen fallen