Leben wie Gott in Frankreich

1982:  Ferien in Südfrankreich für 45 Mark pro Tag und Person – Fahrtkosten, Übernachtungen, Vollverpflegung und Taschengeld eingeschlossen. Und das im Juli, also in der Hauptsaison! 1982 war´s noch möglich!

Wer als Pauschaltourist ein solches Angebot im Katalog eines der großen Reiseveranstalter .fände, würde sich glücklich schätzen. Camper dagegen können einen solchen Tagessatz ihrer Reisekalkulation durchaus zugrundelegen, seitdem die D-Mark gegenüber dem Franc im Wert gestiegen ist. Den Beweis dafür tritt ein Ehepaar an, das im Auftrag des Motorcaravan-Camping-Journals während seiner 35tägigen Frankreich-Reise mit dem eigenen Wohnmobil über jede größere Ausgabe Buch führte. Hier sein Bericht.

„Leben wir Gott in Frankreich“ ist auch ohne 120-Francs-Menü im Luxus-Restaurant machbar. Uns jedenfalls genügen dazu Brot, Wein, Käse, Selbstgegrilltes und ab und zu ein Essen in einem „Les Routiers-Gasthof am Wege. So halten wir’s seit unserer ersten Frankreich-Tour vor sechs Jahren. Das Wohnmobil, das wir damals für 13.400 Mark erwarben, (nachdem wir unseren Zweitwagen verkauft hatten, sah trotz seiner vier Jahre noch wie neu aus. Und auch heute, als „Zehnjähriger“, kann sich der Ford-Transit mit Alkovenaufbau durchaus noch sehen lassen. Wenn er in dieser Urlaubs-Buchführung weder mit Steuer und Versicherung noch als Abschreibungsposten auftaucht, so einfach deshalb, weil wir den Wagen das ganze Jahr über wie unseren früheren Zweitwagen nutzen, an die neugierigen Blicke beim wöchentlichen Einkauf haben wir uns gewöhnt, und auf dem Parkplatz vor dem Büro erregt er seit einem „Tag der offenen Wohnmobiltür“ für die Kollegen längst keine Aufmerksamkeit mehr.

Ein Haushaltsbuch, für uns bislang fremd, ausgerechnet im Urlaub führen? Warum nicht, wenn‘ s die Ausnahme bleibt. Die Antwort auf die Frage, ob unsere Aufstellung uns als „Normal-Camper“ ausweist, überlassen wir jedoch anderen. Eine Reihe von Wohnmobil-Urlaubern wird 1982 in Frankreich gewiss mit weniger ausgekommen sein als wir, während eine größere Anzahl sicherlich die Mark in der „schönsten Zeit des Jahres“ lockerer als sonst In der Tasche hatte.

Soweit die (notwendige?) Vorrede. Jetzt sollen Zahlen sprechen: Unsere Urlaubskasse bestand neben einigen hundert Mark in bar – für Benzin für die Hin- und Rückreise auf bundesdeutschen Autobahnen – aus französischen Banknoten im Kurswert von 400 Mark und 24 Amexco-Reiseschecks zu je hundert Mark. Ein Jahr zuvor hatten wir in Frankreich Euroschecks eingelöst und dabei bei der „Credit agricole“ – in kleinen Städten und Dörfern oftmals ohne Konkurrenz – eine böse Überraschung erlebt: Pro Scheck im Wert von 300 Mark verlangte die Bank für Bearbeitung 25 Francs ungeachtet der Gebühr, die bei der späteren Einlösung das heimische Konto ohnehin belastete. Bei Reiseschecks dagegen steht der Preis für die Sicherheit (Ersatz bei Verlust oder Diebstahl) von vornherein fest: Bei 2400 Mark waren das für uns 24 Mark.

Alles in allem gingen also rund 3800 Mark mit auf die Reise, wobei wir bei einem eventuellen Unfall oder einer Wagenreparatur auf die Schecks des für uns schon obligatorischen (und auch schon einmal in Anspruch genommenen) AvD-Schutzbriefes „Ausland“ hätten zurückgreifen können. Aus dieser Kasse flossen auf unserer 3500 Kilometer langen Fahrt für Normalbenzin in Deutschland und ein Normal-Super-Gemisch in Frankreich (gegen Motorklingeln auf Bergstrecken) genau 630,60 Mark. Das macht, nicht zuletzt wegen der in Frankreich höheren Benzinpreise, auf hundert Kilometer 18 Mark. Wir hätten‘ s natürlich noch preiswerter haben können, wenn wir in unserem Zielgebiet, den Cevennen westlich von Avignon, einen Campingplatz angesteuert und bis zu unserer Heimreise nicht mehr verlassen hätten. Aber welchen Wohnmobil-Fahrer, der hinter der nächsten Kurve ein neues, vielleicht noch schöneres Fotomotiv erhofft, hält es im Urlaub schon auf einem einzigen Platz?!

Also, was hilft‘ s – 630 Mark für Benzin waren zur Erfüllung unserer Vorstellungen von einem zwar erholsamen, aber doch abwechslungsreichen Urlaub einfach unvermeidbar. Gegenüber dieser Benzin-Ausgabe wirken die Campingplatzgebühren äußerst niedrig: Für „deux persons et voiture“ zahlten wir auf den 16 Campingplätzen, die wir auf unserer Fahrt ansteuerten, insgesamt nur 237,60 Mark. Dabei war in Frankreich die für uns niedrigste Übernachtungsgebühr acht Francs (gleich drei Mark) und die höchste 46 Francs (gleich 17,34 Mark). Allerdings braucht die Anzahl der Komfort-Sterne, mit denen der einzelne Platz wirbt (1 bis 4 nach allgemeinem Standard) nicht unbedingt dem Zufriedenheitsgrad der Benutzer zu entsprechen. Wir jedenfalls nehmen gerne einige Warteminuten vor der Duschkabine in Kauf, wenn der Platz dafür schön gelegen ist und dazu noch über eine kleine „Alimentation“ verfügt (siehe oben: Brot, Wein, Käse …), die lästige Fahrten ins Dorf erübrigt.

Einen solchen Platz, „Chez Maurice“, fanden wir zwischen La Malene und Les Vignes am Tarn. Der Preis für zwei Personen und Wohnmobil betrug dort pro Tag elf Francs zuzüglich drei Francs nach Bedarf für eine Warmwasserdusche. Und weil dort Grillen erlaubt war – in Südfrankreich ist dies wegen Waldbrandgefahr im Hochsommer keineswegs die Regel – konnten französische Restaurant-Besitzer diesmal weniger an uns verdienen als in den Jahren zuvor: Nur viermal gingen wir in diesem Frankreich-Urlaub „groß aus“, das heißt, erhielten für 45 bis 50 Francs (17 bzw. 19 Mark) ein Fleischgericht mit Gemüse, warmer und kalter Vorspeise (z. B. Forelle), Käse und Obst. Die Menüs kamen zwar über gute Hausmannskost nicht hinaus, stellten uns aber mehr zufrieden als das Abschlussessen in dem zum Campingplatz gehörenden Lokal bei Freiburg, das uns pro Person fast 30 Mark kostete.

Der Buchungsposten „Restaurants“ auf einen Blick: 265,80 Mark für fünfmal „auswärts essen“. Was an größeren Ausgaben sonst noch zu erwähnen ist? Da wären die Autobahngebühren auf der Strecke Besancon-Orange und zurück von insgesamt 142,5 Francs (54 Mark), wobei wir durch die Rückreise auf der Nationalstraße von Lyon über Bourg nicht nur Geld sparten, sondern auch eine reizvolle Landschaft kennen lernten. Da wären die 264 Francs (100 Mark) für eine Kaffeekanne, einen besseren Elektrostecker nach französischer Norm für unsere Kabeltrommel, ein Gestell zum Wäschetrocknen, seitlich am Wohnmobil anzubringen, Badeschuhe und einen Bikini. Und da waren schließlich jene 378 Francs (142,50 Mark), die wir für drei Bootstouren auf der Ardeche und auf dem Tarn ausgaben. Eine davon war eine bequeme „Sightseeing-Tour“ ab La Malene mit einem motorbestückten, sechs Personen fassenden Flachkahn. Die beiden anderen dagegen hatten für uns „Land-ratten“ schon etwas mehr von einem Abenteuer an sich: Auf die 35 Kilometer lange Flussstrecke der Ardeche wagten wir uns (in Unkenntnis der auf uns wartenden „Stromschnellen“, die uns ungeübte Kanuten natürlich prompt einmal kentern ließen) in einem Zwei-Mann-Kanu. In der Erkenntnis, dass in einem Ein-Mann-Boot, das sich um die eigene Achse dreht, statt geradeaus zu fahren, zweifelsfrei nur ein einziger für den falschen Steuerschlag verantwortlich ist, wählten wir später am Tarn zwei Einer-Kajacks – und kamen damit auch besser zurecht.

Wo die restlichen 1524,51 Mark geblieben sind, von denen wir uns in diesem Urlaub in Frankreich trennten? Antwort: In Lebensmittelläden, beim Metzger, in Cafès und Straßenlokalen (siehe oben: Brot, Wein, Käse … ). Apropos Wein: Den kauften wir im mitgebrachten Kunststoff-Kanister als “ Vin de Pays“ direkt vom Erzeuger, abgefüllt per Zapfhahn wie an einer Tankstelle und – für vier Francs (1,50 Mark) pro Liter.

Kommen wir zur Schlußabrechnung: Die 33tägige Frankreichreise kostete uns insgesamt 2972,26 Mark, das sind pro Person für die fast fünf Wochen 1486,13 Mark oder 45 Mark pro Tag.

Wie gesagt: Wahrscheinlich geht’s billiger, sicherlich teurer. Uns aber passte es gerade so.