Hilfe per Telefon

1974:  Wie man ungebetenen Besuch leicht wieder los wird.

Montags klingelten Onkel und Tante aus Hannover an der Wohnungstüre, dienstags kamen Schultes, eine Urlaubsbekanntschaft „auf einen Sprung“ vorbei und blieben bis Mitternacht, mittwochs, als Pantoffel, ein kühles Bier und der Fernseher lockten, – glaubten zwei gute alte Freunde, das traute Heim zur letzten Station einer feucht-fröhlichen Rundreise machen zu können, und donnerstags schließlich kam mittags ein Brief von Tante Paula an: „Komme heute Abend. Möchte die lieben Verwandten in der Heimatstadt alle einmal wiedersehen. Ich kann doch wieder bei Euch wohnen?“

Was blieb anderes übrig, als den wöchentlichen Skatabend in der Stammkneipe schweren Herzens ausfallen zu lassen. Doch am nächsten Tag holte sich der leidgeprüfte Hausherr bei einem Arbeitskollegen Rat. „Wenn ich zu Hause bin, hab‘ ich keine ruhige Minute mehr. Alle denken, mein Heim sei ein ‚Haus der offenen Tür'“‚ Kaum war‘ s ausgesprochen, da hatte der Kollege auch schon den richtigen Tipp parat: „Das ging mir auch so. Und dann kam eines Tages ein Mann vom Fernmeldeamt und überprüfte meinen Telefonapparat. Seitdem brauche ich kein einziges Stammtisch-Treffen mehr ausfallen lassen!“

Um zu dokumentieren, was er meint, hebt der Arbeitskollege seinen Telefonhörer ab und wählt eine Nummer. Dann legt er sofort wieder auf. Kurze Zeit später klingelt‘ s. „Ach Sie sind‘ s. Was? Ich muss sofort in den Betrieb kommen?! – Ärger? -Schief gelaufen? – Wenn man sich aber auch nicht um alles selbst kümmert. Komme natürlich sofort!“

Stirnrunzelnd verfolgt der ratsuchende Hausherr das offenbar so ernste Gespräch. Doch dann erfährt er des Rätsels Lösung: „So mache ich es immer, wenn ich Gäste habe, die Zeit und Stunde vergessen. Ein kleiner Anruf „von der Nachtschicht aus den Betrieb“, und ich habe einen wichtigen Grund, sie hinaus zu komplimentieren“, verrät der Kollege. „Wer aber ist dann jedes Mal am anderen Ende der Leitung?“ – „Ein schriller Pfeifton, sonst nichts“, lacht der Ratgeber. „Ich wähle unbemerkt eine zweistellige Nummer, die mir damals der Mann von der Bundespost verraten hat, und meine eigene Nummer, und schon bin ich automatisch mit einem Apparat im Fernmeldeamt verbunden, der zur Überprüfung von Telefonanschlüssen dient. Hänge ich ein, ruft das Gerät meine Nummer automatisch an. Das kostet nichts, die Bundespost erfährt auch nichts davon, und mit ein bisschen Übung bringt jeder ein Schein-Gespräch zustande!“

Bleibt nur noch zu sagen, dass unser bisher so vielgeplagter Hausherr – nichts geht über Gastfreundschaft, aber was zuviel ist ..“, – jetzt häufiger über Stunden der Muße verfügt. Und den Skatabend am Donnerstag hat er seitdem auch nicht mehr verpasst. Offiziell muss er dann immer bei der Nachtschicht im Betrieb nach dem Rechten sehen. Mitgeteilt hat ihm das stets ein schriller Pfeifton. Auch ein Service der Bundespost.

Sie wollen die Nummer wissen? Der Hausherr hat dem Fernmeldetechniker Stillschweigen geloben müssen. Leider.